Was die Mitarbeiter wollen und wie die Branche darauf reagieren muss
Der anhaltene Fachkräftemangel in der Gastronomie und Hotellerie beschäftigt die Branche nachhaltig. Dabei geht es nicht nur um die rückläufigen Bewerberzahlen und deren Gründe, sondern zunehmend auch um den Wertewandel im Arbeitsleben der Generation Y (1977-1998) und der Folgegeneration Z (1995-2010). Wofür stehen die jungen Generationen und was bedeutet das für unsere Branche?
Die junge Generation
Die sogenannten „Digital Native“ stehen für eine sinnvolle Beschäftigung, eine ausgewogene Work-Life-Balance, ein spannendes wie inspirierendes Arbeitsumfeld und haben im hohen Maße eine Affinität für die neuesten Kommunikationstechniken. Zudem setzt die „Generation Y“ hohe Ansprüche und ist „verwöhnt“ – sie möchte nicht ihre „wertvolle“ Freizeit aufgeben, um zum Teufel komm raus etwas im Arbeitsleben zu erreichen. Im Gegenteil, sie bevorzugt es lieber in kürzerer Zeit effektiver und mit ehrlicher Freude zu arbeiten. "Wir bringen Leichtigkeit in die Arbeitswelt", ist häufiger von den jungen Nachwuchskräften zu hören.
Und wie passen diese Anforderungen bzw. „revelotionären“ Sichtweisen der so genannten Generation Y auf die Arbeitsweisen, Führungsstile und Unternehmenskulturen der jeweiligen Hotelbetriebe? Was kann die Gastronomie und Hotellerie diesen nicht ganz neuen Erwartungen entgegen bringen, um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden? Was hat sich in der Branche zu verändern, um im Wettlauf um Fachkräfte und Talente mithalten zu können?
Generation Y: (Vor-)Urteile
In Gesprächen mit Hoteliers und Gastronomen höre ich des Öfteren, dass die jungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nicht so motiviert seien. Zudem fehle es an Fachwissen, Dienstleistungs- sowie Durchaltevermögen. Kann man das so pauschal stehen lassen? Wurde es vielleicht generell zu spät gesehen bzw. verstanden, im Gastgewerbe die eingeschliffenen Abläufe an die Neuzeit anzupassen und die Führungskräfte der Generation „Babyboomer“ und Generation X auf die neue Welle der Generation Y vorzubereiten? Ich persönlich bin der Meinung, dass die jungen Leute uns aufzeigen, was bereits andere Branchen erfolgreich umgesetzt haben bzw. dabei sind. Nämlich, die alten, eingefahrenen Wege und Unternehmenskulturen zu hinterfragen, Veränderungsprozesse einzuleiten und die über den Tellerand hinaus schauende Generation Y zu integrieren. Und zwar als Impulsgeber für neue Wege und Möglichkeiten der unternehmerischen wie auch personellen Vermarktung.
Schwarze Schafe gibt es in allen Bereichen und über so einige Ansichten lässt es sich auch gerne mal diskutieren. Jedoch lassen sich so manche aus unserem privaten wie auch beruflichen Umfeld mitgegebenen „Wertevorstellungen“ mit der heutigen Welt nicht mehr in allen Bereichen vereinbaren. Das Leben im 21. Jahrhundert hat sich deutlich verändert, im Vergleich zu vor dreißig oder vierzig Jahren. Deshalb ist die neue Generation nicht schlechter oder besser. Sie ist eben nur anders und hinterfragt (Generation whY) gerne bestehende Formen, um für sich daraus eine „Optimierung“ des bisherigen zu gestalten. Für ein glücklicheres, zufriedeneres und ausgeglicheneres Leben. An vier konkreten Beispielen ist dies abzuleiten:
1. „Die „jungen Leute“, also die Generation Y+Z, sind nicht mehr so belastbar.“
Man kann bei dieser Pauschalaussage auch versuchen, eine andere, verständnisvollere Sichtweise an den Tag zu legen. Vielleicht sind die Digital Natives auch nicht mehr bereit, eine Überstunde nach der anderen zu leisten. Eine Einstellung, die eine durchaus gesunde Lebensweise unterstützt und mögliche Reserven schafft, wenn es wirklich einmal gefordert wird. Es kommt nicht selten vor, dass Mitarbeiter bis über die Belastungsgrenze hinaus „verheitzt“ werden und dann gegen frische, noch motivierte, neue Kollegen ausgeatsuscht werden. Auch ist in diesem Zusammenhang das generelle, soziale Engagement der Generation Y zu erwähnen. Ist es nicht auch gerade diese Generation, die sich wirklich auch für diese Themen nachhaltig interessiert, lebt und tatkräftig mit anpackt. Ein soziales Jahr in einem Dritte-Welt-Land ist vermutlich keine Spaziergang, sondern zeugt von Mut, Engagement und besonderer Belastbarkeit.
2. „Die Generation Y hat bzw. bekommt nicht mehr das Wissen vermittelt, wie wir früher.“
Heutzutage ist alles über das World Wide Web zu erfahren. Auch das Wissen, was benötigt wird. Die Generation Y weiß genau und zum Teil besser als wir es tun, wo sie das bedarfsgerechte Wissen auf Abruf herbekommen kann. Darüber hinaus sind sie häufig – etwa durch eine Ausbildung oder ein Studium – sehr gut vor- bzw. ausgebildet worden. Sicherlich, beim Service im Restaurant kann man nicht einfach mal schnell auf dem Smartphone bei Google nachschauen. Hier ist, Gott sei dank noch, eine authentische, persönliche und gastorientierte Beratung gefragt. Hier ist es die Aufgabe der Führungskraft, auf Augenhöhe und im respektvollem Umgang, den jungen Mitarbeitern zu erläutern, warum manches Wissen eben doch ganz klassisch zu erlernen und im Langzeitgedächtnis zu speichern ist. Denn eines sollte auch hier nicht unterschätzt werden. Die „Jugend“ ist wissbegierig, wenn sie einen nachhaltigen Sinn darin sieht und die Motivation vermittelt bekommt, mit diesem Wissen effektiver ans Ziel zu gelangen.
3. „Die heutige Generation ist nicht mehr so „arbeitswütig“ und zielstrebig, wie wir es mal waren.“
Wie schaut das Arbeiten in der Hotellerie und Gastronomie im Regelfall aus? Die Branche ist weit über die Grenzen dafür bekannt, dass die Arbeitstage echt lang sein können. Die Generation Y hinterfragt diesen zum Teil noch fragwürdigen Zustand und achtet bewußt darauf, nicht mehr das ganze Arbeitsleben im Unternehmen zu verbringen. Neben dem Job steht auf gleicher Stufe Partnerschaft, Freunde und Familie. Selbstverständlich wollen sie im Berufsleben voran kommen, Karriere machen, aber nicht mehr zu jedem Preis, so wie wir dies vielleicht zum Teil heute noch vorleben. Heutzuztage geht es vielmehr um die sinnvolle Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Diese Generation ist überhaupt nicht abgeneigt auch „hart“ zu arbeiten. Dabei versteht sie es in einigen Bereichen besser, in bestimmten Aufgabenfeldern engagierter und effektiver zu agieren. Davon können wir „Alten“ nur profitieren, denn wir bekommen dadurch möglicherweise eine ganz andere Sichtweise auf das bisherige und können Arbeitsprozesse im Unternehmen neu gestalten und uns zukunftsfähiger ausrichten. Es ist somit unsere Aufgabe und Herausforderung, auch mal die Generation Y zu Wort kommen zu lassen und deren Vorschläge sowie Anregungen anzuhören. Wer weiß, welche neuen und innovativen Strukturen daraus erwachsen können. Wenn wir in Zukunft einigermaßen geeignete Fachmitarbeiter binden wollen, die nebenbei auch unsere Existenz sichern, können wir uns vor diesem Umdenken und Handeln nicht verschließen.
4. „Das ist mit denen wie in der Gewerkschaft: Mehr Geld für weniger Arbeit“.
Glaubt man zahlreichen Studien sowie entsprechenden Veröffentlichungen, so ist das große Geld im Job für die Generation Y nicht der springende Punkt. Eher im Gegenteil, sogar großartige Besitztümer sind nicht das vorrangige Ziel für diese Generation, genau wie das Spitzengehalt oder regelmäßige Gehaltserhöhungen. Diese These wird durch den großen Erfolg von vielfältigen Sharing-Konzepten untermauert. Vorrangig stehen hier eher sinnvolle und werteorientierte Aufgabenstellung im Vordergrund, in Verbindung mit einer fairen, offenen und gelebten Lebens- bzw. Unternehmenskultur.
Ein Wandel ist zwingend notwendig
Wir können uns vor der Wahrheit nicht verschließen. Im Jahr 2020 werden 75 Prozent aller Jobs in Deutschland durch „Y-er“ besetzt sein. Der demographische Wandel hat immense Folgen auf dem Mitarbeitermarkt, die Nachfrage um die guten Nachwuchskräfte wird immer stärker und branchenunabhängiger. Die Mitarbeiter der Generation Y merken, dass sie mehr denn je gefragt sind und loten auf dieser Basis gründlich ihre Entscheidung darauf aus, welches Unternehmen ihnen die besten Entwicklungsmöglichkeiten bietet.
Führungskräfte sind zum Umdenken gefordert, wenn sie innerhalb des Hotels oder Restaurants ihre Unternehmenskultur den heutigen Bedürfnissen und Anforderungen anpassen wollen. Hierbei geht es auch um eine neue Form des Mitarbeitermarketings: Mitarbeiter finden, binden und langfristig entwickeln. Und zwar mit allen heutigen Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen. Auch ein Blick über den Tellerand hinaus auf andere Branchen sollte hierbei nicht ausgeschlossen bleiben.
Positiver Einfluss der Generation Y
Die heutige Generation der 20- bis 30-Jährigen hat bereits die Arbeitswelt nachhaltig beeinflusst und wird es zukünftig noch stärker tun. Hierbei geht es nicht nur um Leistung und Geld, sondern vor allem um den Drang nach Selbstverwirklichung, Spaß und Gemeinschaft. „Entwicklung, Wertschätzung und Zusammenhalt“ sind heutzutage die Zauberwörter, die das 21. Jahrhundert maßgeblich prägen werden. „Einen gut bezahlten Beruf, der mich langweilt oder stresst, möchte ich nicht ausüben“ ist auch hier ein immer wieder gerne genannter Satz.
Wenn wir die Generation Y als Innovationsmotor unsere heutigen Zeit sehen wollen, so sind wir alle aufgefordert, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und uns davon anstecken zu lassen. Wir sollten keine Angst vor Veränderungen haben, sondern es als Chance sehen, uns weiterzuentwickeln, um unser Unternehmen mit nachhaltigen Konzepten zukunftsfähig zu halten, neue Technologien anzuwenden und um die Gästewünsche der neuen Generation besser verstehen und einbinden zu können. Auch sind in diesem Zuge neue Arbeitszeitmodelle und innovative Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln, mit denen Baby-Boomer, X-er und Y-er gleichermaßen arbeiten können und auch noch GEMEINSAM glücklich sind.
Zusammen mehr erreichen
Es ist immer eine Sache der Betrachtung. Aus einem Fluch kann auch ein Segen werden, wenn man versucht, die Kehrseite der Medaille zu betrachten und zu verstehen. Neue Ansichten haben immer etwas mit Veränderungen im Denken und Handeln zu tun. Sich manchen Dingen zu versperren, kann zur Isolation bis hin zur Existenzbedrohung des eigenen Unternehmens führen. Die Generation Y zeigt uns zum Teil auf, was wir in der Vergangenheit versäumt haben zu tun. Es ist nie zu spät, neue Wege einzuschlagen. Also sollten wir uns neuen Feldern öffnen, um uns selber damit auch mal etwas Gutes zu tun, für mehr Freiheit, Freizeit, Spaß und Gelassenheit im Arbeitsleben eines Hoteliers und Gastronomen.
Wie sehen Sie die Veränderungen im Arbeitsleben durch die Generation Y? Was haben Sie bisher für Erfahrungen gemacht? Über einen regen Austausch würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst
Ihr Jan Schmidt-Gehring
Beim Impulsblog für erfolgreiche Hotels
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Ich bin ein guter Arbeitgeber, weil…?? Das war unser vorgeplantes Thema beim letzten Gespräch. Mitarbeiter suchen, Mitarbeiter binden – das sind aktuell unsere größten Herausforderungen. Wo suchen? Und insbesondere, wie sich darstellen?
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