Küchen- und F&B-Management

Essen oder neudeutsch Food – was tut sich hier Neues?

Essen oder neudeutsch Food – was tut sich hier Neues?

Food-Trends 2020

So Mitte jeden Jahres erscheint der Food-Report einer bekannten und renommierten Pionierin der Ernährungswissenschaften und Trendforschung im Bereich Food, Hanni Rützler. Ich erwarte ihn mit Spannung, denn er verknüpft, aus meiner Sicht, immer wieder die großen sozialen Trends der westlichen Welt mit einem Grundbedürfnis – unseren Essensgewohnheiten und deren Weiterentwicklung. Die Hotellerie und insbesondere die Gastronomie können durch die Food-Trends Erkenntnisse gewinnen, sich besser auf die Zukunft und auf eine eigene Weiterentwicklung, ja auf die Schärfung der eigenen Positionierung fokussieren.

Food-Trends 2020 (Unsplash / Lili Banse)
Food-Trends 2020

Ja, Essen, Lebensmittel oder "Food" – ohne diesen Treibstoff können wir Menschen nicht existieren. Er ist also existenziell und so langsam wird uns allen bewusst, dass die Grundlagen, die Rohstoffe dafür, knapp und kostbar geworden sind. Der genannte Foodreport zeigt das sehr gut auf und liefert somit Denkanstöße, in welche Richtung und Ausrichtung sich Gastronomien weiterentwickeln können. Die Trends sind eng verknüpft mit den Wertevorstellungen, geistigen Überzeugungen und Einstellungen der Menschen (entsprechend dem Megatrend Individualisierung).

Daher lohnt sich aus meiner Sicht, einen bewussten und tiefen Blick auf diese Food-Trends zu werfen. Schließlich wollen wir uns alle erfolgreich und umweltbewusst auf die Zukunft einstellen.

Sieben große Themenfelder werden im Foodreport dargestellt:

  • Qualitätsfood
  • Genussfood
  • Nachhaltigkeitsfood
  • Gesundheitsfood
  • Glokalfood
  • Beyond food
  • Alltagsfood

Am Namen des jeweiligen Trends kann man bereits erkennen, um welche Themen es sich hierbei handelt. Jedes dieser Themenfelder unterteilt sich nochmals in weitere Unter-Themenfelder, wobei manche davon eigene Intentionen verfolgen.
Sicherlich werden Sie hier viele bekannte Essens- und Küchenrichtungen wiederfinden. Einiges ist neu und wird neu definiert. Was dabei besonders auffällt, ist das bewusste Umgehen mit den Eigenschaften des Lebenselixiers „Lebensmittel“.

Lebensmittel – oder andersrum – Mittel zum Leben

Lebensmittel liefern uns Menschen Energie und essenzielle Nährstoffe, die nach erfolgtem Umbau im Köper wichtige Bausteine für Körperzellerneuerung und Wachstum sind. Doch nicht nur der Nährwert spielt eine wichtige Rolle dabei. Der Genusswert darf dabei nicht zu kurz kommen. Sensorische Wahrnehmungen – also das Schmecken, Fühlen und Riechen – jedoch auch kulturelle Faktoren sind eine weitere Basis für das Genusserlebnis.

Begeben wir uns also hinein in das Universum der Mittel zum Leben!

 

Food-Trends: Qualitätsfood

Zuerst Mal will ich festhalten, was Qualität ist.

Qualität ist die Erfüllung festgelegter und vorausgesetzter Forderungen/Erwartungen des Kunden, 

sowohl an das Produkt als auch an die Dienstleistung.

Folglich ist Qualität ein Ergebnis individueller Wertehaltungen des jeweiligen Gastes und stellt daher auch immer einen Kundennutzen dar.

 

Nun klassifiziert Hanni Rützler das Qualitätsessen in einige weitere Unterteilungen:

Ethic Food Nature Food Convenience 3.0
Fair Food True Food Heathy Hedonism
Clean Food Fast Food Meet Food

Ich werde hier nicht auf alle eingehen, doch gerne werde ich ein paar tiefer betrachten, da sie schon lange existieren, jedoch neu interpretiert werden, oder neue Aspekte in das Bewusstsein für Lebensmittel mit einbringen.

Convenience 3.0

Convenience-Food (fotolia / Prostock-studio)
Convenience-Food

Convenience 3.0 ist im Zeitalter von dramatischem Mitarbeitermangel ein Thema, an dem fast keine Gastronomie mehr vorbeikommt. Doch was ist neu an diesem Trend? Dem Konsumenten (der Lebensmittelreport wendet sich primär an die Verarbeitungsindustrie von Lebensmittel) ist, wie bisher auch, die bequeme und schnelle Esslösung primär wichtig. Den Küchenteams mit wenig Mitarbeitern übrigens auch. Doch neu ist, dass hier die tatsächliche und gefühlte Frische der verarbeiteten Produkte ganz besonders hervorgehoben wird und das sensorische Erlebnis ein à-la-minute zubereitetes Gericht mit frischen Zutaten vermitteln soll.

Ethic Food & Fair Food

Ethic Food & Fair Food gehen in die gleiche Richtung und wenden sich an Menschen, denen nachhaltige, faire, naturnahe, umweltfreundliche, tierfreundliche und unter menschenfreundlichen Arbeitsbedingungen hergestellte Lebensmittel wichtig sind. Sollten Ihre Gäste, bzw. Ihre Zielgruppe (und SIE!) in ihren Wertehaltungen diese Einstellungen vertreten, sollten Sie unbedingt darstellen, wie und von wo Ihre Lebensmittel kommen und wie sie hergestellt werden.

In dieselbe Richtung geht Meet Food. Er will Konsumenten im wahrsten Sinne des Wortes eine sinnliche, erlebbare Begegnung mit dem Lebensmittel ermöglichen – woher kommt es, wie wird es hergestellt und verarbeitet, wie und von wem wurde es zubereitet. Das sind sicher Aspekte, die Menschen mit einem ausgeprägten und wertschätzenden Bewusstsein für Lebensmittel zu schätzen wissen.

 

Food-Trends: Genussfood

Klar, werden Sie sagen, das ist doch selbsterklärend. Ja, vielleicht. Es kommen nun einige bewusst inszenierte Aspekte neu dazu. Und was Genuss ist, liegt im Auge, bzw. an den Geschmacksknospen des Konsumenten (analog des Qualitätsessens).

Erklärt wird Genuss mit „Freude, Wohlbehagen bei etwas, was jemand auf sich wirken lässt“. Dabei kann es natürlich nicht nur um Lebensmittel gehen.

Und so setzt sich nun die Unterteilung von Genussfood (lt. Hanni Rützler) zusammen:

Food Pairing Sensual Food
New Flavouring Gourmet Gardening

Food Pairing

Food Pairing will den Gästen vermitteln, welche Lebensmittel geschmacklich zueinander passen. Heraus kommen oftmals ungewöhnliche, bzw. außergewöhnliche Geschmackskombinationen. Wenn Sie mal diesen Begriff googlen, werden Sie überrascht sein, was Sie alles entdecken.

Ich fand folgende Inspirationen für diesen Sommer schön:

  • Erdbeeren & Basilikum (zugegeben nicht neu)
  • Rosmarin & Nektarine
  • Banane & Petersilie
  • Erdbeeren & Parmesan
  • Ananas & Blauschimmelkäse

Vielleicht inspiriert es Sie zu einem nächsten Dessert!

Sensual Food 

Auch der Trend Sensual Food geht in eine ähnlich sensorische Richtung. Hierbei geht es um bewusstes und langsames Wahrnehmen von Aromen und Konsistenzen von Lebensmitteln. Es wird langsam genossen (Nebeneffekt: schneller satt) und das Schmecken wird zelebriert!

New Flavouring

New Flavouring meint das bewusste Einsetzen von Aromenprofile (natürlich oder künstlich). Auf der Suche nach neuen Geschmackswelten und Inszenierung dieser, sind das Kennen von Aromen und Geschmacksstoffen von elementarer Bedeutung. Diese werden nicht nur für den Gaumengenuss eingesetzt, sondern auch für das olfaktorische Erlebnis (Wahrnehmung über bspw. Nase und Haut).

Gourmet Gardening

Eigenanbau Lebensmittel (Pixabay / Jill Wellington)
Eigenanbau

Der Untertrend Gourmet Gardening stellt den Konsumenten dar, der Lust am Pflanzen, Gestalten, Pflegen und Ernten hat. Es geht dabei um Genuss & Lust am Selbstgezogenen. Dieser Trend wird auch in einigen Gastronomien für Gäste gelebt. Die einen haben ihren eigenen selbstgepflegten Bio-Kräutergarten, andere haben gleich Äcker und Felder, auf denen der eigene Dinkel wächst, aus dem sie Brot, Nudeln und andere gesunde Produkte herstellen… oder den eigenen Obstgarten, Weingarten usw. 

Auch hier ist die Darstellung des Selbstgemachten – vom Pflanzen bis zur Endverarbeitung - essenziell.

 

Food-Trends: Gesundheitsfood

Der Megatrend Gesundheit macht selbstverständlich nicht Halt vor Lebensmittel. Da diese Mittel zum Leben sind, sind die auch für unsere Gesundheit elementar.

Insbesondere hier kommen geistige Überzeugungen, Werteeinstellungen und innere Haltungen von Menschen zum Tragen.

Ich will hier drei Untertrends herausgreifen und hervorheben: 

Spiritual Food Curated Food Plant based Food

Spiritual Food

Beim Spiritual Food geht es um Essen, das schlichtweg „satt und selig“ macht. Unter diesen Trend fallen vegane Speisen, koscheres Essen oder Halal. Da unsere kulturellen und spirituellen Welten immer mehr in Kontakt kommen und sich vermischen, sind Kenntnisse in Sachen spiritual food (Herstellungsrichtlinien und Herkunft/Ursprung) sicherlich von großem Vorteil und werden von immer mehr Gästekreisen gewünscht und geschätzt.

Plant based Food

Plant based Food will Konsumenten bedienen, die neue, tierfreie Produkte zum Verzehr wünschen. Die vegetarische und vegane Küche ist nicht mehr von unseren Speisenkarten wegzudenken. Doch oftmals lässt die Kreativität dieser Speisen (aus meiner Sicht) zu wünschen übrig. Ein Weiterentwickeln dieser Themen- und Trendküchen ist ein Muss für alle, die diesem Trend folgen.

Curated Food

Curated Food bezeichnet, wie der Name es schon nahelegt, dass die Lebensmittel kuratiert, also nach definierten Vorgaben ausgewählt/ausgesucht werden. Dabei stellt der Gastronom/Koch/Köchin die Speisen nach bestimmten Vorgaben zusammen. Zum Beispiel:

  • ungezuckert
  • BIO
  • nur natürliche Aromastoffe

Auf diese Weise erleichtert er/sie den Gästen die Auswahl und unterstützt deren Bedürfnisse nach Orientierung (Werte & Einstellungen). Selbstverständlich kann Ihre gesamte Speisenkarte nach solchen Kriterien zusammengestellt werden. Wenn Sie die „richtige“ Zielgruppe dafür haben, bzw. finden, ist Ihnen der Erfolg garantiert.

 

Food-Trends: Nachhaltigkeits-Food

Das Thema Umwelt- und Klimaschutz ist brandaktuell und wird es wohl bleiben. Noch nie ist einer so breiten Masse bewusst geworden, dass unsere Ressourcen für Mittel zum Leben endlich sind. Und Lebensmittel sind größtenteils Ressourcen, die unmittelbar mit der Umwelt und dem Klima zusammenhängen.

Daher haben sich Food-Trends entwickelt, die sich insbesondere die Nachhaltigkeit der Lebensmittel und deren Herstellungs- und Verbrauchskette im Fokus haben.

Zu den bekanntesten Untertrends des Nachhaltigkeitsfood gehören:

Use it all Re-use Food
Zero Waste  Real omnivores

Use it all & Re-use Food

Wer kennt ihn noch nicht? Den „From nose to tail”-Trend, oder „use it all“ bei nichttierischen Produkten. Dabei geht es um die Verwertbarkeit des gesamten Produktes, vom Stengel, über Blätter und Blüten. Nichts soll weggeworfen, alles kann verwendet und verzehrt werden. 

Viele Restaurants haben sich bereits darauf spezialisiert und sind sogar unter dem Google Suchbegriff „from nose to tail restaurant“ zu googlen. 

In die gleiche Richtung geht der re-use food-Trend im Lebensmittelhandel. Hier soll der Verbraucher sensibilisiert werden, dass auch optisch weniger Ansprechendes genussvoll zubereitet werden kann. Auch hier geht es einmal mehr um eine bewusste Sensibilisierung gegen die Wegwerfgesellschaft.

Zero Waste

Zero Waste (fotolia / ricka_kinamoto)
Zero Waste

Zero Waste ist eine Bewegung, die sich für müllfreies Einkaufen im Handel einsetzt. Ganz bestimmt werden Sie Zielgruppen erreichen und ansprechen, wenn Sie darstellen können, wie Sie Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen leben.

EMAS ist z.B. ein ECO-Management, das von der Europäischen Union entwickelt wurde. Es ist ein Gemeinschaftssystem aus Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung für Organisationen, die ihre Umweltleistung verbessern wollen. ÖKO-Bilanzen werden für Unternehmen immer wichtiger und werden sich in der Zukunft auch auf Ihre Steuer/Gewinne auswirken (Stichpunkt CO2-Emissionen etc.).

 

Food-Trends: Glokalfood

Local Food (fotolia / magele-picture)
Local Food

Das Wort setzt sich aus global und lokal zusammen. Und ja, den Trend gibt es schon recht lange: regional und saisonal! Er ist etabliert und er wird weiter bleiben.
Neu dazugekommen ist der brutal lokal-Trend. Hierbei kaufen Gastronomien ihre Lebensmittel und Produkte ausschließlich in einem bestimmten Umkreis zum eigenen Standort ein und kommunizieren das auch. Durch kurze Lieferwege und Einkauf bei lokalen Herstellern soll die Umwelt geschont und die Region unterstützt werden (Nachhaltigkeit).
Mittlerweile gibt es Kennzeichnungen, die durch ein R darstellen, dass sie nur in der Region (=R) einkaufen. Z.B. heißt R50, dass man ausschließlich in einem Umkreis von 50 km einkauft.

Transparenz in jeder Hinsicht, ob Hersteller oder Herstellung ist ein weiteres wichtiges Kriterium für bestimmte Zielgruppen (ethic food, fair food, Gesundheitsfood) und kann für Restaurants ein Alleinstellungsmerkmal darstellen.

Die weiteren genannten Trends im Report 2020 haben aus meiner Sicht für Restaurants und Gastronomien noch keine nennenswerte Bedeutung.

Beyond food zeigt auf, welche Möglichkeiten es beim Ersatzfleisch-Konsum geben kann. Das ist sicherlich ein Thema für viele Konsumenten, die zwar nicht auf den Fleischgeschmack verzichten wollen, jedoch aus ethischen Gründen keine Tiere verzehren wollen.

Und schließlich will der Trend im Alltagsfood darauf hinweisen, wie sich die Essgewohnheiten der Menschen insgesamt verändern.
Auf zwei Untertrends will ich gerne hinweisen. Zum einen verschieben sich die Mahlzeiten und die Gewohnheiten zu den Mahlzeiten immer mehr. Das klassische Frühstück, warmes Mittagessen und Abendessen werden nur noch selten in dieser Form gelebt. Dafür wird, sooft es geht, das Frühstück zelebriert (Brunches, Lunches und ausgiebige Frühstücks-Speisenkarten bis in den späten Nachmittag hinein haben Hochkonjunktur).  Und Snacks haben die anderen beiden Mahlzeiten weitgehend ersetzt.
Hanni Rützler nennt diesen Trend „Snackifikation“. Im urbanen Umfeld finden Sie überall Möglichkeiten mit Snacks, ob in Form von Tapas, Bowl oder Dim Sum´s (usw.), den kleineren und größeren Hunger und Genuss zu befriedigen.
In vielen Speisekarten findet man diesen Trend als Vorspeisen- oder Hauptspeisenangebot in Form einer Zusammenstellung von Lieblingsspeisen in einem Gericht.

 

Fazit - Erkenntnisse der Food-Trends

Was tun mit diesen Erkenntnissen?

Nun, es ist wie mit allen anderen Lebensbereichen. Alles ist im Wandel und entwickelt sich weiter. Stillstand, also alles so belassen wie bisher, ist gleichbedeutend mit Verschwinden vom Markt.

Doch man soll nicht jeden Trend mitmachen, sondern sehr wohl überlegen, was zu der eigenen vorhandenen oder potenziellen Zielgruppe passt und gleichfalls – mit dem gleichen Stellenwert – überlegen, was zu einem selbst passt und was man mit voller Überzeugung vertreten und leben kann.

Denn aus meiner Sicht ist das Vertrauen der Gäste und Kunden die Basis für einen nachhaltigen Erfolg.

Wenn Sie Food-Trends nur folgen, weil sie gerade in sind, jedoch nicht voll und ganz dahinterstehen, wird das sich auf die Glaubwürdigkeit nach innen und nach außen auswirken. Und das führt früher oder später zum Vertrauensverlust – sowohl nach innen (MitarbeiterInnen), als auch nach außen (Gäste & Kunden).

Ich hoffe, Sie hatten Freude beim Lesen und konnten einige Erkenntnisse für sich gewinnen.

Daher, bis bald!
Ihre
Brunhilde Fischer

Bezugsquelle: Food Report 2020 I Hanni Rützler, Wolfgang Reiter I Juni 2019 I 120 Seiten I ISBN- ISBN 978-3-945647-60-8 
https://onlineshop.zukunftsinstitut.de/shop/food-report-2020/

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