Preiserhöhungen in der Gastronomie, wie bitte!?
Immer wenn das Angebot knapper wird und Mitarbeiter schwerer zu finden sind, wird es teurer, so auch jetzt nach der Pandemie (endlich) in Hotellerie und Gastronomie, daher teurere Mitarbeiter. Hinzu kommen erhöhte Einkaufspreise und ein von Corona betroffenes Geschäftsmodell. Die Preise müssen steigen, daran besteht kein Zweifel. Aber um wieviel?
Seit der Wiedereröffnung der Gastronomie wird regelmäßig über die Preiserhöhung in der Gastronomie diskutiert. Vorstände von Branchenverbänden wie DEHOGA und die prominenten Köche und Gastwirte weisen alle darauf hin, dass der Preis nur in eine Richtung gehen wird: nach oben.
1. Über drei Viertel der Befragten erwarten es
Kurz vor der Wiedereröffnung der Gastronomie hat Food Inspiration seine Leser gefragt: "Werden die Preise auf der Terrasse steigen?" Mehr als drei Viertel (76 %) der Befragten antworteten mit "Ja". Der Rest gab an, dass die Preise unverändert bleiben würden. Manche Experten plädierten sogar für einen Corona-Zuschlag von 2,50 Euro auf der Rechnung. Eine weitere Überlegung ist die Umlage der Reservierungsgebühren bei Onlinebuchung auf die Gäste bei Nicht-Erscheinen, einer de facto Mini-No Show-Gebühr von 2 bis 3 € pro Buchung.
2. Mehr Kosten durch Corona
Gastro-Experten sprechen im Zusammenhang mit Corona schon einmal von "Entschädigung für die Gastronomie". Eine Preiserhöhung soll „das Leiden“ lindern. Zudem erscheint es logisch, direkte Mehrkosten durch Corona auf die Verbraucher umzuwälzen, denn Social Distancing, Desinfektionsmittel und der Impf-Status-Check sind mit Mehrarbeit und damit Mehrkosten verbunden.
3. Angebot und Nachfrage
Die Preisbildung ist immer eine Frage von Angebot und Nachfrage. Je knapper das Angebot, desto höher der Preis. Solange restriktive Corona-Maßnahmen gelten, wird die Zahl der Sitzplätze knapp. Wenn viele Gastronomiebetriebe nach Corona schließen müssen, kann das Angebot für einige Zeit hinter der Verbrauchernachfrage zurückbleiben. Aber auch die Zahl der Catering-Unternehmen wuchs während der Pandemie weiter. Vor Corona gab es in einigen Städten ein Überangebot an Gastronomie. Sollte dies auch kurz nach Corona wieder der Fall sein, bleibt die Preiselastizität (Spielraum für Preiserhöhungen) daher begrenzt.
4. Dynamische Preisgestaltung
Tankstellen tun es, manche nicht nur für die Kraftstoffe, sondern auch in ihren Convenience Stores: Dynamic Pricing. Der Einzelhandels- und Freizeitökonom Paul Metzemaker hat bestätigt, dass auch er eine Zukunft für die Gastronomie in der dynamischen Preisgestaltung sieht. Der Preis ist dann an starken Tagen oder zu starken Uhrzeiten höher als an Tagen und Zeiten, an denen die Kunden weniger kauffreudig und/oder überhaupt anwesend sind. Um dies tun zu können, kommt die Gastronomie aber nicht drum herum, komplett mit digitalen Speisekarten zu arbeiten.
5. Die Kosten steigen weiter
In jedem Fall werden die Kosten in der Gastronomie weiter steigen. Obwohl die Zinsen niedrig sind, verursachen Refinanzierungs- und Schuldenbelastungen noch zusätzliche Kosten. Die Gastronomie hatte bereits vor Corona mit steigenden Personalkosten zu kämpfen, etwa den Auswirkungen höherer Mindestlöhne. Zudem sind Warenkosten gestiegen und Maßnahmen im Bereich Energie und Nachhaltigkeit haben die Belastungen erhöht. Angesichts der Diskussion um Mindestlöhne, der damit einhergehenden Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, der Abwanderung der Mitarbeiter vor allem in den Einzelhandel (auch weil die Gastrobranche nicht mehr als krisensicher gilt) und des Personalmangels werden die Kosten sicherlich weiter steigen. Nicht zuletzt die Inflation, die bereits jetzt die 4% Marke geknackt hat, führen zum unstrittigen Fazit: Die Preise müssen mit steigen!
6. Spar- und Preispolitik
Die deutschen Verbraucher haben eine Rekordsumme von 6.740 Milliarden Euro an Ersparnissen. Von einer gewöhnlichen Wirtschaftskrise ist (noch) keine Rede. In einer normalen Krise wird der Verbraucher preisbewusster; die Gastronomie ist dann die erste, die Geld spart. Es wird erwartet, dass die Ausgaben in der Gastronomie wieder stärker anziehen. Daher ist es besser, JETZT nach etwas Extra zu fragen. Sollte später eine „normale Wirtschaftskrise“ folgen, haben Sie den Spielraum, die Preise wieder nach unten zu korrigieren, um für den „Krisenkonsumenten“ attraktiv zu bleiben. Zu beachten ist zudem die Steuerersparnis bei den MwSt. von 7 statt 19%, die bis Ende 2022 beschlossen sind (und worüber wir uns sehr freuen können), aber (Stand heute) ab 01.01.2023 wieder der normale Steuersatz gilt und damit eine Lücke von 12% besteht, die aufgefangen werden muss.
7. Erstaunliche Erkenntnis: Es ist schon wesentlich teurer
Die Preise in der Gastronomie steigen seit fünf bis fünfzehn Jahren deutlich über die Inflationsrate. Mit anderen Worten: im Vergleich zu anderen Produkten und Dienstleistungen ist das Gastgewerbe deutlich teurer geworden. Gutes Beispiel: ein Glas Bier. Vor 20 Jahren kostete dies im Gastgewerbe durchschnittlich 1,28 Euro gegenüber 2,58 Euro mehr als vor zwei Jahren (Quelle: Statista). Das ist eine Preissteigerung von fast 102 Prozent, jährlich etwa 5 Prozent. Zum Vergleich: Bier im Supermarkt stieg im gleichen Zeitraum von 1,17 Euro auf 1,48 Euro. So stieg der Preis nur um 26,5 Prozent oder etwa 1,5 Prozent jährlich.
Als Gastronomieunternehmer ist es ratsam, nicht nur Umsatz und Rendite, sondern auch die Menge der verkauften Kernprodukte genau zu beobachten. Wenn Sie nach Preiserhöhungen deutlich weniger Biergläser verkaufen, dann ist wahrscheinlich auch die Zahl der Kunden zurückgegangen. Preise erhöhen, Gäste verlieren: damit kann man nicht ewig weitermachen.
Herzlichst
Ihr Nicky-Alexander Böhmcke
Diskutieren Sie mit!
Hinterlassen Sie hier Ihren Kommentar!
Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht, erforderliche Felder sind markiert *. Mit Ihrem Kommentar erklären Sie sich mit den Kommentarrichtlinien und den Datenschutz-Regeln einverstanden.