Wir arbeiten, als wären wir menschliche Netzwerkrouter!
Zu Beginn eines neuen Jahres lassen sich viele Menschen gute Vorsätze einfallen. Einer davon könnte sein: Im Jahr 2019 möchte ich meine Arbeits-Produktivität optimieren! Doch wie ist es in einer so schnell getakteten Zeit wie heute möglich, sein Gehirn dazu zu bringen, wertvolle Arbeit zu leisten?
Der junge Computerwissenschaften-Professor Cal Newport beschreibt in seinem Buch „Deep Work“ Menschen, die multitasken, salopp als „mentale Wracks“.
Diese harte Aussage, erklärt er, macht einen Fehler sehr deutlich, den viele Menschen im Zeitalter der digitalen Wissensarbeit machen: sie denken, sie haben zwei Arbeitsmodi:
- Den Connectivity-Modus, in dem ich total vernetzt bin, Mails checke, Kurznachrichten schreibe und rund um die Uhr erreichbar bin.
- Den Nachdenkmodus, den ich einschalte, wenn ich wirklich über etwas nachdenken muss.
Das klingt logisch - funktioniert aber nicht!
Eine Forschung der Standford University zeigt, dass man diese zwei Modi nicht trennen kann. Richten wir unsere Aufmerksamkeit über längere Zeit ständig von der einen Sache auf die nächste, von der einen Ablenkung auf die nächste, sind wir, wenn es darauf ankommt, nicht mehr in der Lage, wirklich konzentriert über etwas nachzudenken. Im Gegenteil:
Unser Gehirn ist irgendwann regelrecht darauf konditioniert, echtes Nachdenken nicht zuzulassen!
Dafür gibt es viele Gründe. Wenn wir mit einer Aufgabe beschäftigt sind und nur ganz kurz unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes richten – zum Beispiel eine eingehende Email – und uns dann wieder komplett auf unsere Hauptaufgabe konzentrieren wollen, ist das nicht möglich. Jede Ablenkung hinterlässt einen kleinen Rückstand im Aufmerksamkeitssystem, mit dem das Gehirn für 10, 15 oder 20 Minuten weiter beschäftigt bleibt. Wir merken es nicht, aber bis sich dieser Rückstand wieder aufgelöst hat, bleibt unsere kognitive Kapazität reduziert.
Ein Schlüssel für tiefes, konzentriertes Arbeiten ist, wirklich eine Stunde, zwei oder drei ganz und gar ohne jegliche Ablenkungen zu bleiben.
Schön und gut werden Sie mir sagen. Doch ist das in der heutigen Zeit noch realistisch?
Die meisten Menschen schaffen es eben leider nicht. Selbst, wenn sie hart und konzentriert an einer Sache arbeiten, checken sie alle zehn Minuten ihre Mails. Somit denken sie, super fokussiert zu sein. Tatsächlich arbeiten sie permanent in einem Zustand der reduzierten kognitiven Kapazität. Dieser Zustand wirkt im Gehirn wie eine Handbremse. Das ist ein großes Problem unserer technologisch hochentwickelten Zeit. Diese Technologien, die wir nutzen, lenken uns ständig ab und verschlechtern damit unsere mentale Fitness.
Die nächste Frage liegt auf der Hand:
Wie können wir denn diese Handbremse lösen und somit unsere Arbeitsproduktivität optimieren?
Produktivität: Deep Work und Shallow Work
Die moderne Gehirnforschung unterscheidet zwei Arten von Arbeit:
- Deep Work: Das ist der konzentrierte Fokus auf eine kognitiv herausfordernde Aufgabe ohne jede Ablenkung. Das Gehirn wird genutzt, um damit so viel echten neuen Wert wie möglich zu produzieren.
- Shallow Work, die flache Arbeit. Da wird alles andere erledigt: Emails, Meetings, Telefongespräche mit Vertretern, Mitarbeitergespräche usw.
Es ist allein der Deep-Work-Anteil, der wirklich die Nadel bewegt und echte Werte schafft. Shallow Work ist nur das Schmierfett, das nötig ist, um die Maschine am Laufen zu halten. Sobald wir uns klar machen, dass es diese zwei Arbeitsarten gibt, fangen wir an uns zu fragen:
- Mache ich eigentlich genug Deep Work?
- Oder versuchende ich meine Zeit mit zu viel flachem Kram?
Unsere fragmentierten Terminpläne, unsere Arbeitsweisen machen es schwer, Zeit für ununterbrochenes Deep Work zu finden. Doch dieser Arbeitsmodus wird immer wichtiger. Nur wer in der Lage ist, fokussiert zu arbeiten, schafft hochwertigen Output. Wer sich hingegen mit Deep Work nicht wohlfühlt oder sich keine Zeit dafür freischafft, verbringt zu viel Zeit mit Shallow Work und bleibt in den trivialen Formen von Arbeit stecken, die am leichtesten zu automatisieren, outsourcen oder delegieren ist.
Gut, sagen Sie mir. Ich habe es für mich erkannt. Nun heißt es, das im Alltag umsetzen.
Was ist das Rezept dazu?
Als Erstes sollten Sie sich überlegen, wie Sie Ihre Arbeit strukturieren. Niemand, der etwas Produktives tut, macht das einfach mal so aus dem Handgelenk. Stellen Sie sich dazu zwei Fragen:
- Wie genau möchte ich Deep Work Phasen in meinen Arbeitsablauf integrieren?
- Wie schaffe ich Rituale, um diese Phasen so effektiv wie möglich zu machen?
Die erste Umsetzungsmöglichkeit ist die, die viele CEOs und Manager benützen. Jeden Tag sind sie bis 11 Uhr unerreichbar, um in Ruhe und ungestört arbeiten zu können. Danach stehen sie für Meetings, Anrufe, Fragen usw. zur Verfügung.
Eine andere Variante ist etwas flexibler: Bevor eine neue Arbeitswoche beginnt, schauen Sie sich genau an, wann Sie Ihre Deep-Work-Phasen unterbringen können und tragen sie die in Ihren Terminkalender ein. Nicht die Anzahl der Phasen ist wichtig, sondern, dass überhaupt einige wöchentlich stattfinden. Diese Planung lohnt sich, denn wenn Sie es nicht schaffen, flache Arbeiten zu zähmen, breiten die sich gnadenlos aus und rauben Ihnen jede Minute Ihrer kostbaren Aufmerksamkeit.
Aber Obacht! Deep Work ist hart und erschöpfend. Unser Gehirn ist jedoch grundsätzlich faul und widersetzt sich. Es sträubt sich gegen Tätigkeiten, bei denen es sich anstrengen und viel Energie verbrauchen muss. Darum hilft es, wenn wir uns Rituale einbauen. Je öfter wir sie wiederholen, desto eher gewöhnt sich das Gehirn an den immer gleichen Ablauf und im Gehirn entstehen neue Verknüpfungen, neue Strukturen.
Wie Charles Darwin seine Produktivität erhöhte
Als Charles Darwin sein Meisterwerk „Die Entstehung der Arten” schrieb, ließ er einen Sandweg in seinem Anwesen anlegen. Um seine Deep-Work-Phase zu starten, ging er auf diesem Sandweg die immer gleiche Zahl von Runden im Kreis. Bei jeder Runde kickte er die immer gleiche Zahl von Steinen vom Sand, die er sich vorher an der immer gleichen Stelle des Weges legte. Beim ersten Stein wanderten seine Gedanken noch umher, beim zweiten war er gedanklich schon etwas stärker ins Thema seines Buches vertieft und beim dritten vielleicht schon tief im Innern mit einem spezifischen Problem befasst. Da wollte er nicht mehr überlegen müssen, wie viele Runden er schon gegangen war. Daher die Steinchen. Diese Rituale sind von Mensch zu Mensch verschieden. Manche räumen erstmal ihren Schreibtisch auf oder trinken ihren Lieblingsgetränk. Andere suchen sich einen bestimmten Ort im Büro oder zu Hause, wo sie am besten fokussiert arbeiten. Weitere drehen zuerst eine Runde an der frischen Luft.
Fazit zur Produktivität
Bevor ich mich mit diesem Blog befasst habe, habe ich genau das umgesetzt, was hier erzählt wurde. Ich bin zuerst eine Runde gelaufen, um gedanklich in das Thema einzusteigen. Als ich vor dem Computer saß, habe ich mich von nichts mehr ablenken lassen. Ich habe mein Outlook geschlossen, das Handy auf stumm geschaltet und als das Festnetztelefon klingelte, habe ich nicht abgenommen.
Fazit: Effizientere Arbeitsleistung, deutliche Optimierung der Produktivität und Zeitersparnis. Und als Sahnehäubchen eine tief empfundene, persönliche innere Zufriedenheit. Es ist also gut, sich vor jeder Deep-Work-Phase ein klares Ziel zu setzen. Wenn es ein Ergebnis gibt, auf das man hinarbeitet, wandert der Geist nicht so schnell woandershin.
Herzliche Grüße
Ihr Didier Morand
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