Mit korrekter Speisendiagnose langfristigen Erfolg haben
Die Speisendiagnose ist essenziell für eine wirtschaftlich erfolgreiche Küche. Nur wer seine Speisen korrekt kalkuliert und seine Speisen kennt – Stichwort Renner-/Penner-Analyse – wird nachhaltig ein erfolgreiches Unternehmen leiten können. Leider geschieht das in vielen Betrieben aber eben nicht. Stattdessen wird sich in erster Linie am Bauchgefühl und den Preisen der Konkurrenz orientiert. Lesen Sie, wie es laufen sollte.
„Es ist nicht einfach, perfekt zu sein, aber irgendeiner muss den Job machen“
(Niki Lauda)
Hand auf Herz; wer von uns kalkuliert seine Verkaufspreise so, wie wir es sollten?
Schauen wir nicht mal nach, was er Mitbewerber für die vergleiche Sache so nimmt?
Sie wollen doch aber mit Ihren Speisen Geld verdienen, oder?
Preise aus dem Bauch heraus zu kalkulieren führt häufig nicht zum Ziel! Mit einer guten Speisendiagnose finden Sie heraus, welche Gericht Ihr Gast liebt und was er bereit ist, dafür zu bezahlen!
Kennt Ihr Küchenchef Ihren Gemeinkostenzuschlagssatz?
Wenn nicht wie kann er dann Ihren Preis final kalkulieren?
Gemeinkostenzuschlag in % = Gemeinkosten geteilt durch den Wareneinsatz x 100
Klassische Kalkulation:
Materialeinzelkosten | Einkaufspreis Netto
+ Herstellungskosten | Rüstkosten | Warenverlust bei der Herstellung
= Materialkosten | Wareneinsatz
x Gemeinkostenzuschlag in %
=Selbstkosten
+Gewinn in %
= Nettoerlös
+Bedienungsgeld in %
=Nettoverkaufspreis
+ Umsatzsteuer
= inklusiv Preis | Brutto Verkaufspreis
Ein kleiner Check: Beantworten Sie für sich mit JA oder NEIN
- Die Lieblingsgerichte bzw. die meist verkauften Gerichte sind Ihnen bekannt?
- Bei allen Gerichten ist der Wareneinsatz aufgrund Rezeptur/Kalkulation errechnet worden?
- Sie kennen den Deckungsbeitrag für alle Gerichte?
- Alle Verkaufszahlen werden über ein Kassensystem gebucht?
- Die Verkaufszahlen werden über einen längeren Zeitraum festgehalten/notiert?
- Der Nettoverkaufspreis ist in der Speisenkalkulation ersichtlich?
- Die Speisendiagnose wird regelmäßig durchgeführt (auch bei Aktionen)?
- Wird nach einer Diagnose eine neue Speisekarte erstellt?
- Sie kennen die Renner, Gewinner, Verlierer, Schläfer auf Ihrer Karte?
- Kennt jeder Mitarbeiter die Gewinner?
Wie erstellt man eine Speisendiagnose?
- Die klassische Menüfolge bestimmt den Aufbau der Speisekarte
- Klare und appetitanregende Formulierungen - wahrheitsgemäß
- Positionierung eines Gerichtes auf der Karte (rechts platziert verkauft sich besser)
- Speisen mit hohem Deckungsbeitrag zusätzlich mit Foto bewerben – zur Steigerung der emotionalen Bindung
Einteilung in Kategorien:
Renner – Gewinner – Verlierer – Schläfer
Deckungsbeitrag H = Hoch (+) N = Niedrig (-) |
Verkaufsmenge H = Hoch (+) N = Niedrig (-) |
|
Renner | N | H |
Gewinner | H | H |
Verlierer | N | N |
Schläfer | H | N |
Deckungsbeitrag = Bruttoverkaufspreis - Mehrwertsteuer = Nettoverkaufspreis - Wareneinsatz
Zur Durchführung der Speisendiagnose müssen Sie nur folgende Informationen zusammentragen:
- Soll-Wareneinsatz pro Speiseartikel
(Rezepte, standardisierte Speiseartikel) - Netto-Verkaufspreise pro Artikel
(Kartenpreis minus Mehrwertsteuer) - Verkaufsstatistik der Speisekarte im Abrechnungszeitraum
(Anzahl der verkauften Portionen)
Warenkosten ermitteln mit Kalkulation / Rezeptur
Eine Untersuchung zeigt: In nur 14 Prozent der Betriebe gibt es so etwas „ähnliches“ wie eine „Rezeptur“. Für Caterer, Systemgastronomie oder auch Hotelketten undenkbar!
Das angeführte Scheinargument: „Wir sind doch keine Apotheker – Rühr-um-Chemiker – Wir wollen kreativ sein“.
Standardisierung und Kreativität widersprechen sich aber nicht! Der Gast WILL standardisierte Qualität.
Exkurs: Convenience-Produkte
Auch Convenience-Produkte sind nicht immer schlecht – die modernen Möglichkeiten bieten künftig große Chancen für gastronomische Betriebe – und helfen bei der Kalkulation.
Die Vorteile von Rezepturen:
- Erleichtern die Produktion
- Gleichbleibende Qualität
- Sichern des Geschmackserlebnisses
- Verbesserte Planung / Bedarfsermittlung
- Grundlage für die Nachkalkulation
- Kontrolle Soll/Ist-Vergleich beim Wareneinsatz
- Weniger Zeitaufwand bei Überwachung und Qualitätskontrolle
- Sie erhalten den „guten Ruf“
- Klare Arbeitsanweisungen, einfachere Schulung, Orientierung für neue Mitarbeiter
- Verstärkter Einsatz von günstigeren Hilfskräften
- Unabhängigkeit von Spezialisten
- Bessere Auswertung meiner Renner/Gewinner/Schläfer/Verlierer
- Möglichkeit der Speisendiagnose so erst gegeben
Deckungsbeitrag
Was bleibt nach Abzug von Mehrwertsteuer und Wareneinsatz (Lieferant) übrig, um alle weiteren Kosten zu bezahlen?
- Personalkosten
- Energie
- Verwaltung
- Steuern
- Versicherungen
- Pacht
- Werbung & Marketing
- Leasing
- Abschreibungen für Anlagen (AfA)
- Zinsen
Das sind die Gemeinkosten!
Und vergessen Sie den Gewinn nicht, das ist Ihr Lohn, oder arbeiten Sie umsonst?
Entscheidend ist, ob das Gericht einen Deckungsbeitrag über oder unter dem Durchschnitt erwirtschaftet. Unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Beliebtheitsgrads pro Gericht ist dann eine Einteilung in die vier Kategorien möglich:
Renner – Gewinner – Verlierer - Schläfer
Nähere Informationen und Formeln zu den Berechnungen gibt es in unseren Seminaren und den entsprechenden Tools!
Ich weiß nun, welches Gericht welcher Kategorie entspricht – und was mache ich jetzt mit diesen Erkenntnissen?
Die Gewinner:
Hoher Deckungsbeitrag – hohe Verkaufsmenge
- Das Gericht ist bei den Gästen beliebt und bringt dem Gastronom Gewinn.
- Deshalb dieses Gericht niemals von der Karte streichen.
- Im besten Fall gehört das meistverkaufte Gericht zur Gewinner-Kategorie, dann ist wirtschaftliche Preispolitik erreicht.
- Keine Experimente (z.B. statt Lammrücken plötzlich Lammkeulchen verwenden)
- Dieses Gericht unbedingt in der Qualität maximal standardisieren
- Platzieren auf der besten Stelle in der Speisekarte
- Bei besonders hohem Beliebtheitsgrad sind Preiserhöhungen ohne Nachteile möglich. Dadurch steigert sich wiederum auch der Deckungsbeitrag
Die Renner:
Unterdurchschnittlicher Deckungsbeitrag – hohe Verkaufsmenge
- Das Gericht ist bei den Gästen sehr beliebt und somit „Bestseller“
- Sie sorgen u.U. für einen gewissen Bekanntheitsgrad und für Volumen
- Auch Volumen kann zu hohen Gewinnen führen
- Analyse durchführen (vielleicht ist das Gericht beim Mitbewerber teurer)
- Geringe Preiserhöhungen möglich – im Anschluss Ergebnisse kontrollieren
- Abwägen der Platzierung auf der Speisekarte, z. B. auf weniger verkaufsfördernden Seiten
- Vertretbare Reduzierung von Quantität und Qualität erwägen
- Überprüfen des Arbeitsaufwands des Küchenpersonals, eventuell Einsatz von halbfertigen oder Fertigprodukten gleicher Qualität
- Eventuell Verwendung von deckungsbeitragsfreundlicheren Beilagen
Die Verlierer:
Geringer Deckungsbeitrag – niedrige Verkaufsmenge
- Das Gericht ist bei den Gästen nicht sehr beliebt und tragen zusätzlich auch wenig zum Erfolg des Restaurants bei
- Durch Überprüfen der Präsentation (z.B. Größe, Preise der Konkurrenz) die Schwächen des Gerichts erkennen
- Entweder nicht mehr auf die Karte setzen oder
- Erhöhen des Verkaufspreises, um zunächst den Status eines Schläfers zu erhalten
- Mit neuem Namen, Beilagen, Preisen auf der Tageskarte präsentieren - testen
Die Schläfer:
Hoher Deckungsbeitrag – niedrige Verkaufsmenge
- Das Gericht ist bei den Gästen nicht sehr beliebt, würde aber hohen Gewinn erzielen
- Platzieren Sie dieses Gericht an der besten Stelle auf der Speisekarte
- Durchführung von gezielten Verkaufsförderungsmaßnahmen, z.B. Schulung des Service-Personals, effektvolle Darbietung, Aufsteller/Plakat
- Verwendung von verkaufsförderndem Vokabular, Betitelung als „Spezialität“
- Analysieren Sie Ihre Mitbewerber: eventuell Senkung des Verkaufspreises
- Überprüfen der Arbeitsintensität und Kosten, ggf. von der Karte streichen, wenn damit kein „Image-Verlust“ verbunden ist
- Bei „Prestige-Artikeln“ darauf achten, dass die Anzahl der „Schläfer“ maximal 3 von 10 Gerichten nicht übersteigt
Gestaltung der Speisekarte:
- Eine Speisekarte für alle gibt es nicht. Zu viel von allem ist out!
- Positionierung im Blick behalten! Für was steht mein Betrieb, welche Zielgruppe möchte ich in meinem Hotel/Restaurant?
- Viele Gerichte auf der Karte sorgen häufig für die Assoziation, dass hier nichts frisch sein kann und der Wirt willkürlich alles anbietet. Lieber eine kleinere Karte anbieten und zusätzlich mit Tageskarten arbeiten, die Regionalität, Saisonalität und Frische vermitteln
- Menschen sind gerne selbstbestimmt. Deshalb ist es eine Überlegung wert, die Speisekarte im Baukastensystem zu gestalten, z.B. bei den Saucen, Beilagen
- Mit Betitelungen die Gerichte verbal aufpeppen – aber sinnvoll. Den Mehrwert eines Gerichtes hervorheben (z.B. besonderes Fleisch)
- Ein Trend ist aber auch Purismus: einfach nur eine Aufzählung der Zutaten auflisten
z.B. „Ente | Blaukraut | Knödel“ - Neugierde und Interesse wecken. Neue Kreationen entwickeln mit spannenden Zutaten und Kombinationen.
- Und die Klassiker bleiben Klassiker!
Kurz Zusammengefasst:
Ablauf zur Durchführung einer Speisendiagnose:
- Alle Hauptgerichte kalkulieren
- Verkaufszahlen der Hauptgerichte ermitteln
- Mit dem UMA-Tool Speisendiagnose durchführen
- Zuordnung der Gerichte in die vier Kategorien
- Passende/entsprechende Maßnahmen durchführen
- Veränderungen im Deckungsbeitrag sichtbar machen
- Regelmäßig Diagnose wiederholen
Viel Erfolg und einen umsatzstarkes Jahresfinale :)
Bis zum nächsten Mal
Ihr Stefan Binz
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